Fakten
Verzerrte Argumentationskette "Weniger Fleisch => weniger Futtermittel => mehr Nahrung für die Menschen"
Die Nahrungsmittelkonkurrenz zwischen Mensch und Tier ist ein oft diskutiertes Thema. Selbst wenn die Nachfrage nach Futtermitteln durch weniger Fleischkonsum sinken würde und damit theoretisch mehr pflanzliche Nahrungsmittel für Menschen zur Verfügung stünden, wäre noch nicht garantiert, dass damit auch wirklich hungrige Mägen gefüllt werden. Es fehlt grundsätzlich nicht am Nahrungsmittelangebot. Selbst bei weltweit ausreichender Verfügbarkeit haben viele Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Lebensmitteln, weil sie zu arm sind, um dafür bezahlen zu können. Deshalb würden wohl viele der Pflanzen, die nicht mehr als Futter gebraucht würden, nicht als Nahrung für Menschen angeboten, sondern überhaupt nicht mehr angebaut werden. Armutsbekämpfung muss deshalb ein zentraler Ansatzpunkt für die Ernährungssicherung sein.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich die Futterverwertung der Nutztiere stark verbessert hat: Benötigte man früher 10 kg Futtergetreide für 1 kg Schweinefleisch, reichen dafür heute meist etwa 2,5 kg aus. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Mensch viele tierische Futtermittel nicht für seine Ernährung nutzen kann und Tiere häufig auch mit Reststoffen – z.B. Schrot aus der Sojaölherstellung – gefüttert werden. Auch wird das Grünland, das oft nicht als Ackerfläche nutzbar ist und rund 70 % der globalen Nutzfläche ausmacht, über den Pansen der Wiederkäuer zu Fleisch veredelt und durch die Tiere erhalten – diese Nutzung stellt folglich keine Nahrungskonkurrenz für uns Menschen dar.
Zukunft der Agrarproduktion – die Fleischnachfrage im Fokus
Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf über 9 Mrd. Menschen steigen – dieser Anstieg wird fast ausschließlich in den Entwicklungsländern stattfinden. Mit dem Bevölkerungswachstum wird auch der Mittelstand um 3 Mrd. Menschen anwachsen. Mit höheren Einkommen wollen die meisten Menschen auch ihre Ernährung verbessern und mehr Fleisch, Milch und Eier essen. Die FAO schätzt, dass die Nachfrage nach diesen Lebensmitteln bis 2050 um 60 % steigt. In vielen früheren Entwicklungsländern, die heute zu den Schwellenländern zählen, hat der Fleischkonsum bereits zugenommen. Die Fleischproduktion der Welt hat sich mit der steigenden Nachfrage seit 1980 mehr als verdoppelt. Doch während damals die Bewohner der Industrieländer noch fast zwei Drittel der Weltfleischproduktion verzehrten, ist es heute nur noch ein Drittel. Da die Zahl der Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern sehr viel größer ist, als die Zahl der Menschen in den Industrieländern, würde eine Reduktion des Fleischkonsums hierzulande keinen Einfluss auf die generelle Entwicklung haben.Nach Schätzung der FAO muss die Agrarproduktion bis 2050 um mehr als 70 % gesteigert werden, um weltweit die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln sicherstellen zu können.
Ansätze zur Sicherung der Welternährung
Die Agrarproduktion ist stark abhängig von natürlichen Ressourcen wie der Ackerfläche und dem Wasser, die weltweit zunehmend knapp werden. Deswegen müssen innovative Ansätze für eine ressourcenschonende Angebotssteigerung entwickelt und umgesetzt werden. Eine nachhaltige globale Ernährungssicherheit lässt sich nur erreichen, wenn wir offen gegenüber Technologien sind und uns auf hohe Produktivität und Effizienz in der Agrarwirtschaft konzentrieren. Wir können die Welt von morgen nicht mit den Technologien von gestern ernähren
, erklärt Aalt Dijkhuizen vom Forschungszentrum Wageningen in den Niederlanden. In den letzten 60 Jahren haben verschiedenste landwirtschaftliche Neuerungen Landwirte befähigt, mehr zu produzieren und trotzdem besser für die Tiere zu sorgen und die Umweltauswirkungen zu verringern.
Konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Welthungers:
- Einsatz angepasster Sorten und besserer Abbaumethoden insbesondere in Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Osteuropas. Durch den strategischen Einsatz von Bewässerung, Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Agrartechnik ließe sich die Nahrungsmittelproduktion um fast 60 % steigen.
- Auch die Tierzucht kann wesentliche Beiträge zur Effizienzsteigerung leisten z.B. durch eine verbesserte Futterverwertung, eine stabilere Gesundheit und eine erhöhte Widerstandfähigkeit der Tiere gegen Krankheiten
- Durch eine Verbesserung der Transport- und Lagerbedingungen ließen sich der Verderb und die Entsorgung von einem Drittel aller Lebensmittel vermindern (Nachernteverluste) und die Verfügbarkeit von Kalorien pro Person um fast 50 % steigern. Würden alle Ernte- und Transportverluste von Lebensmitteln durch moderne Lastwagen, Kühlhäuser und Straßen verhindert, müsste derzeit kein Mensch auf der Welt mehr hungern, rechnen die Vereinten Nationen vor.
- Nahrung sollte da produziert werden, wo es wirtschaftlich gesehen günstiger und nachhaltiger ist und dann dorthin geliefert werden, wo der Bedarf besteht.
Status quo des weltweiten Hungers
Nach Schätzungen der FAO hungern weltweit 800 Mio. von insgesamt 7,2 Mrd. Menschen, d.h. sie sind nicht ausreichend mit Nahrungsenergie versorgt. Mehr als 2 Mrd. Menschen leiden unterverborgenem Hunger, einem Mangel an lebenswichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren, der besonders bei Kleinkindern zu schwerwiegenden und dauerhaften Schäden führt. Der größte Teil der hungernden und unterernährten Menschen lebt in den Entwicklungsländern, vor allem in Asien und Afrika, südlich der Sahara. Dort werden durchschnittlich weniger als 10 kg Fleisch pro Kopf und Jahr verbraucht. Experten der FAO betonen die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung, zu der in auch tierische Produkte gehören. Es ist gesundheitlich vorteilhaft, wenn etwa ein Drittel der täglich erforderlichen Proteinmenge aus tierischer Herkunft stammt.
Maßnahmen zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz
Seit 2008 verfolgt die Bundesregierung mit der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie DART
in der Human- und Tiermedizin eine gemeinsame Strategie zur Eindämmung der antimikrobiellen Resistenzen. Die Arbeitsgruppe Antibiotika-Resistenzen
des Bundesinstituts für Risikobewertung und des BVL hat die Aufgabe, alle neuen Erkenntnisse zu analysieren, Risikobewertungen vorzunehmen und Strategien für das Risikomanagement zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe kann jederzeit Experten aus allen Bereichen hinzuziehen. Auch europaweit gibt es einen umfassenden Aktionsplan zur Abwehr der Antibiotikaresistenz, der 12 konkrete Maßnahmen enthält.
Seit 2012 melden Geflügel- und Schweinehalter den Antibiotikaeinsatz in ihren Beständen im Rahmen des freiwilligen QS-Programms an eine zentrale Datenbank. Dies ist die Grundlage für den Vergleich von Betrieben hinsichtlich der Antibiotika-Anwendung und für Maßnahmen zur Verbesserung des vorsorgenden Tiergesundheitsmanagements.
Seit April 2014 ist mit der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes zudem ein bundesweites Antibiotikamonitoring für Nutztiere gesetzlich vorgeschrieben. Die neuen Regelungen verpflichten die Tierhalter, halbjährlich der zuständigen Behörde zu melden, welche Antibiotika sie in diesem Zeitraum, in welchen Mengen und welcher Anzahl von Tieren verabreicht haben. Daraus wird die Therapiehäufigkeit ermittelt. Liegt ein Betrieb über dem Durchschnitt, müssen Tierarzt und Tierhalter gemeinsam die Ursachen ermitteln und Maßnahmen zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes ergreifen. Liegt ein Betrieb im oberen Viertel, muss ein schriftlicher Maßnahmenplan zur Senkung des Antibiotikaeinsatzes erarbeitet werden.
Engmaschiges Kontrollnetz vom Landwirt bis zur Ladentheke
Um sicherzustellen, dass unsere Lebensmittel unbedenklich sind, werden staatliche Kontrollen durchgeführt. Die Länderbehörden (Veterinärämter) überwachen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und kontrollieren risikoorientiert die Tierhaltungsbetriebe. Der Nationale Rückstandskontrollplan ermöglicht es, Tiere und tierische Erzeugnisse von Beginn der Produktion an zu überwachen. So wird z.B. jedes 2000. geschlachtete Schwein untersucht. Die Labore der Länder analysieren die Proben und senden die Ergebnisse zur Auswertung und Veröffentlichung an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), die immer wieder die hohe Qualität deutscher Produkte bescheinigen.Wird eine Überschreitung der Rückstandshöchstmengen festgestellt, so dürfen die Erzeugnisse nicht der Nahrungskette zugeführt werden. Überschreitungen sind meist darauf zurückzuführen, dass ein Medikament falsch angewendet oder die vorgeschriebene Wartezeit nicht eingehalten wurde.
Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft
Antibiotika sind wertvolle und unverzichtbare Arzneimittel. Seit ihrer Einführung vor über 60 Jahren haben sie sich zum wichtigsten Instrument für die Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten entwickelt. In der Nutztierhaltung betrifft dies z.B. Atemwegserkrankungen, Durchfälle und Entzündungen der Milchdrüsen. Antibiotika hemmen das Wachstum von Bakterien und anderen Mikroorganismen bzw. töten sie ab. Wenn Mikroorganismen in Gegenwart eines Antibiotikums trotzdem wachsen, sind sie gegen den Wirkstoff resistent. Es ist eine natürliche Überlebensstrategie von Keimen, Resistenzen zu bilden. Antibiotika-Resistenzen haben in den letzten 10–15 Jahren deutlich zugenommen. Für ihre Entstehung, Vermehrung und Ausbreitung sind vor allem eine unsachgemäße Anwendung sowie eine mangelhafte Hygiene im Krankenhaus, aber auch bei Nutz- und Heimtieren und im Haushalt verantwortlich. Aktuelle wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Ursprung von antibiotikaresistenten Keimen bei Mensch und Tier unterschiedlich ist.
Wenn nicht durch eine Impfung vorgebeugt werden kann, existieren derzeit keine ausreichenden Alternativen zu Antibiotika. Daher ist ihr verantwortungsbewusster, gezielter Einsatz sinnvoll und notwendig. Die Gabe von Antibiotika folgt der Empfehlungso wenig wie möglich, so viel wie nötig– ein Zurückfahren des Antibiotikaeinsatzes auf Null ist unrealistisch und unverantwortlich, denn man darf keinem kranken Tier eine angemessene Behandlung verwehren.
Verantwortungsvoller Einsatz von Tierarzneimitteln
Tierärzte und Tierhalter tragen gemeinsam eine große Verantwortung. Sie tauschen sich regelmäßig aus und müssen sich an eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften halten. Verschreibungspflichtige Arzneimittel – wie z.B. Antibiotika – dürfen nur bei einer entsprechenden Diagnose durch den Tierarzt und nach seiner Anordnung angewendet werden. Der Einsatz von Antibiotika und anderer Medikamente als Leistungs- bzw. Wachstumsförderer ist seit langem verboten. Jede Arzneimittelgabe zur Anwendung bei Nutztieren muss sowohl in einem betriebseigenen Arzneimittelbuch als auch für Antibiotika seit Juli 2014 in einer zentralen Datenbank exakt dokumentiert werden. Vergleichbares gibt es weder in der Heimtierhaltung noch in der Humanmedizin.Wenn ein Tier mit einem Arzneimittel behandelt wird, muss eine spezifische Wartezeit eingehalten werden, um Medikamenten-Rückstände in den Lebensmitteln zu vermeiden. Erst danach gelangen das Tier oder seine Produkte in die Lebensmittelkette.
Maßstab der gesundheitlichen Bewertung für Verbraucher sind sogenannte ADI-Werte, die aus umfangreichen Untersuchungen abgeleitet werden. ADI steht für Acceptable Daily Intake
und bezeichnet die Menge eines Stoffes, die der Verbraucher täglich und lebenslang ohne erkennbaren Schaden für die Gesundheit über Lebensmittel aufnehmen kann. Die ADI-Berechnungen enthalten zusätzliche Sicherheitsfaktoren und liegen meist mindestens 100-fach unter der Dosis, die keinerlei Wirkung gezeigt hat. Die auf Basis der wissenschaftlichen Beurteilung festgelegten Höchstmengen in den einzelnen Produkten wie Fleisch, Milch, Eier oder Honig sind so bestimmt, dass die Summe aller möglichen Rückstände in allen Bestandteilen der täglichen Nahrung sicher unter dem ADI-Wert liegt.
Kontrollen stellen deutschen Transporteuren gute Noten aus
Die Einhaltung der Rechtsvorschriften wird hierzulande sowohl durch die Veterinärbehörden als auch durch die Polizei überwacht. Darüber hinaus hat die Wirtschaft mit dem QS-System zusätzlich ein eigenes Qualitätssicherungssystem etabliert. Die Behörden nehmen während der wichtigsten Phasen des Transports Kontrollen vor, insbesondere an den Ausgangsorten und Grenzkontrollstellen. Darüber hinaus können sie in jeder Phase des Transports Stichproben oder gezielte Kontrollen durchführen. Die Kontrolleure prüfen u.a. die Gültigkeit der Zulassungen, die Befähigungsnachweise sowie die Eintragungen im Fahrtenbuch und im Transport- und Desinfektionskontrollbuch. Ein Amtstierarzt überprüft den Zustand der Tiere im Hinblick auf die Weiterbeförderung.Es gibt allerdings kaum Verstöße bei deutschen Tiertransporten, das bestätigt der Jahresbericht des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
über den Schutz von Tieren beim Transport: bei Schweinetransporten lag der Prozentsatz der Verstöße je physische Kontrolle im Jahr 2013 nur bei 0,55 % – und das bei rund 17 Mio. kontrollierten Schweinen.
Tierarzneimittel dienen dem Tierwohl und der Lebensmittelsicherheit
Gesunde Tiere sind die Basis für gesunde und sichere tierische Lebensmittel. Arzneimittel sichern die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln und schützen zudem die Gesundheit der Verbraucher. Die Rolle der Tiergesundheit wird in Zukunft immer wichtiger, da sich die Nachfrage nach tierischem Protein voraussichtlich bis 2050 verdoppeln wird.
Tierkrankheiten führen weltweit zu einem Produktionsverlust von etwa 20 %.
Die wichtigste Maßnahme gegen Krankheiten ist eine konsequente Vorsorge durch die Tierhalter. Dazu gehören ein sorgfältiges Tiergesundheitsmanagement, verstärkte Tierbeobachtungen und Infektionskontrollen, gute Haltungs- und Hygienebedingungen, eine bedarfsgerechte Fütterung und abgestimmte Impfpläne. Dank vorbeugender Impfung und spezieller Programme können heute die wichtigsten Krankheiten erfolgreich kontrolliert werden.
Jeder Schweinehalter wird gemäß der Schweinehaltungshygieneverordnung von einem qualifizierten Tierarzt betreut. Gesunde, widerstandsfähige Tiere benötigen weniger Medikamente. Trotzdem können Tiere erkranken und müssen dann medizinisch behandelt werden.
Tierarzneimittel werden vor dem Marktzugang in einem strengen Verfahren nach wissenschaftlichen Kriterien auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für Tier, Mensch und Umwelt geprüft. Es dauert 8–12 Jahre und kostet 50–200 Mio. Euro, ein neues Tierarzneimittel zu erforschen, zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.